Interne Kommunikation

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(Bildquelle: geralt - pixabay)

Interne Kommunikation zur Gestaltung von Veränderungsprozessen für ein gelingendes BMM

Den Veränderungsprozess anstoßen

Der Erfolg eines betrieblichen Mobilitätsmanagementsystems hängt wesentlich davon ab, wie die Mitarbeiter*innen in die notwendigen Transformationsprozesse eingebunden werden. Die Change Management-Disziplin (dt. Veränderungsmanagement) differenziert dafür zwei Herangehensweisen: Beim Top-Down-Ansatz sind die Führungskräfte Initiator der Veränderung. Sie definieren und erklären Anlass, Vision, Ziele sowie Rahmenbedingungen des gewünschten Veränderungsprozesses. Die Mitarbeiter*innen haben bei diesem Ansatz nur wenig Raum für Mitgestaltung. Beim sogenannten Bottom-Up-Ansatz setzen Führungskräfte lediglich die Leitplanken fest, indem sie Ziele und Rahmenbedingungen vorgeben. Innerhalb dieses Rahmens haben Mitarbeiter*innen weitreichende Partizipationsmöglichkeiten und tragen Veränderungen infolgedessen stärker mit. Idealerweise werden beide Ansätze miteinander kombiniert. Je nach Veränderungsbereich, Betroffenheit und Phase des Veränderungsprozesses verändert sich im Zeitverlauf die Gewichtung.

Beim Start in ein betriebliches Mobilitätsmanagement werden in der Praxis meistens Elemente des Bottom-Up-Ansatzes angewendet. Zum einen können strenge Vorgaben seitens Geschäftsleitung nur in Teilbereichen des Mobilitätsmanagements stringent begründet werden (z. B. Vorgaben für Reisetätigkeiten siehe Dienst- und Geschäftsreisen oder zur Nutzung von betrieblichen Pkw siehe Green Car Policy). Zum anderen zeigen die bisherigen Projekte im Mobilitätsmanagement, dass sich viele Mitarbeiter*innen gerne bei Mobilitätsfragen einbinden lassen. Häufig kommt sogar der Impuls zur Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements aus der Belegschaft oder deren Vertretung (Betriebs- und Personalräte).

Viele Betriebe nutzen zudem das betriebliche Mobilitätsmanagement im Rahmen einer Strategie zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität und damit zur Sicherung und Gewinnung von Fachkräften. Die aktive Einbindung der Belegschaft in den Aufbau des Mobilitätsmanagements erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur notwendig, sondern bietet dem Betrieb erhebliche Chancen zur Motivierung und Bindung der Mitarbeiter*innen.

Im Change Management unterscheidet man häufig nachfolgende Stufen der Einbindung:

  • Informieren: Mitarbeiter*inneninformationen z. B. über Angebote und Maßnahmen des Mobilitätsmanagements (per E-Mail, Infotafeln, Intranet, Beilage zur Gehaltsabrechnung),
  • Motivieren: Mitarbeiter*innen konkret ansprechen und zu bestimmten Verhaltensänderungen (z. B. Umstieg auf das Fahrrad) anregen (z.B. durch gezielte Anreize wie Jobradförderung und spielerische Impulse wie Wettbewerbe, und das Sammeln von Bonuspunkten),
  • Anwenden: Mitarbeiter*innen befähigen, bestimmte Veränderungsschritte zu unternehmen und damit Vorbehalte abbauen (z. B. durch die Einweisung in die Nutzung eines neuen Elektroautos oder durch Schulungen zur Nutzung des Corporate Carsharing),
  • Beraten: Mitarbeiter*innen bei wichtigen Entscheidungsschritten einbinden (z. B. im Rahmen von Befragungen, Workshops o. ä.),
  • Entwickeln: Mitarbeiter*innen bei der Ausgestaltung von Teilaufgaben oder der Durchführung von Einzelmaßnahmen freie Hand lassen (z. B. bei der Durchführung eines Aktionstages für nachhaltige Mobilität).

In der Praxis kommt es darauf an, für jeden Entwicklungsschritt des Mobilitätsmanagements bzw. für verschiedene Personenkreise im Betrieb den jeweils geeigneten Grad der Einbindung zu eruieren.

Maßnahmen(bündel)

Analyse des Bedarfs

Die gründliche Analyse der Mobilität der Beschäftigten auf Arbeitswegen und im Rahmen von Dienst- und Geschäftsreisen stellt einen wesentlichen Eckpfeiler eines jeden Mobilitätskonzeptes dar (s. auch Analysen). Ein zentrales Element der Bedarfsanalyse ist die Mitarbeiter*innenbefragung. Mit dieser werden die Beschäftigten zunächst einmal über das Vorhaben informiert. Zudem werden sie meist erstmalig aktiv eingebunden. Manche Betriebe nutzen die Befragung auch dazu, auf vorhandene Mobilitätsangebote aufmerksam zu machen und für deren Inanspruchnahme zu motivieren.

Weitere Möglichkeiten der Bedarfsanalyse sind

  • Wohnstandort- und Erreichbarkeitsanalysen,
  • Analyse der Dienst- und Geschäftsreisen,
  • Befragungen und Workshops.

Informationskanäle

Argumente, die für die Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements sprechen, sollten zielgruppenspezifisch kommuniziert werden, damit sie in den Köpfen der jeweiligen Zielpersonen verankert werden und diese überzeugen. Bei der Auswahl von Informationskanälen kommt es darauf an, welche Zielgruppe angesprochen werden soll. So werden Verwaltungsmitarbeiter*innen vermutlich andere Informationszugänge nutzen als Beschäftigte in der Produktion.

Zu den weit verbreiteten Informationskanälen im Rahmen des Mobilitätsmanagements zählen die Versendung von Tipps und Hinweisen per E-Mail und die Bereitstellung von Informationsangeboten im Intranet. In produzierenden Betrieben ist oftmals das "Schwarze Brett" eine geeignete Stelle, um die Mitarbeiter*innen ohne PC-Zugang auf bestimmte Angebote und Informationen hinzuweisen. In vielen Betrieben werden mittlerweile elektronische Infotafeln z. B. im Eingangsbereich des Unternehmens genutzt, um Mitarbeiter*innen, aber auch Kunden*innen, auf die Mobilitätsangebote des Unternehmens aufmerksam zu machen (z. B. Fahrplan des ÖPNV). Auch Tischaufsteller zum Beispiel in der Kantine helfen, Gesprächsthemen wie eine Mitfahrbörse in die Belegschaft hineinzutragen. „First Mover“ unter den Mitarbeitern*innen können intern als Botschafter*innen und Multiplikator*innen fungieren und den Kolleg*innen als konkreter thematischer Ansprechpartner dienen.

Anreize

Die Veränderungsbereitschaft der meisten Menschen ist gering. Daher sind oft nur wenige bereit, neue Mobilitätsformen auszuprobieren oder auf den Umweltverbund umzusteigen. Mit guten Informationen und gezielten Anreizen können Mitarbeiter jedoch zum Umdenken und Mitmachen motiviert werden.

Beispiele aus der betrieblichen Praxis sind:

  • Interne Kommunikationskampagne, um das BMM als einheitliches und zusammenhängendes Angebot sichtbar zu machen. Alle BMM-Maßnahmen sollten durch ein identisches Corporate Design erkennbar sein.
  • Praxisnahes Erleben und Entdecken von alternativen Formen der Mobilität durch gemeinsame Exkursionen oder Testwochen, um Vorbehalte abzubauen und positive Erfahrungen zu sammeln.
  • Sichtbarmachen von Mobilitätsoptionen im Betrieb, zum Beispiel durch konventionelle Schilder zu Fahrradabstellanlagen, Abfahrtsmonitore für ÖPNV-Angebote oder Echtzeit-Mobilitätsanzeigen, die verschiedenen Mobilitätsangebote und ihre aktuelle Erreichbarkeit visualisieren (z.B. auf Infoscreens in Eingangsbereich)
  • Individuelle Beratung zum Aufzeigen passgenauer Mobilitätsmöglichkeiten als Anleitung und Hilfestellung zur Umsetzung.
  • Belohnungen für Fahrgemeinschaften z. B. durch das Bereitstellen von reservierten „Premium“-Parkplätzen im Eingangsbereich bzw. in bevorzugter Lage,
  • Durchführung von Wettbewerben und Lotterien sowie Teilnahme an Aktionen wie Stadtradeln, mit denen der Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel honoriert wird,
  • Angebot von Radfahrer- und/oder Fahrgemeinschafts-Cafés, die ebenfalls als Belohnung wirken, aber auch den Erfahrungsaustausch der Kolleg*innen befördern,
  • Kombination des Dienstrad-Leasings mit Serviceleistungen des Betriebs (z.B. Bezuschussung der Versicherung, Aktionstag im Frühjahr, Wartung und Reparatur).

Tipps und Hinweise

  • Das Verhalten der Führungskräfte hat großen Einfluss auf das Verhalten der Beschäftigten. Ist die Geschäftsleitung passionierte/r Fahrradfahrer*in, wird es deutlich leichter fallen, Mitarbeiter*innen zum Umstieg aufs Fahrrad zu überzeugen. Natürlich wird es nicht möglich sein, alle Geschäftsführer*innen zu Fahrradfahrer*innen zu machen. Es sollte aber mit den Führungskräften besprochen werden, in welcher Weise sie eine Vorbildfunktion übernehmen können (z. B. Nutzung der Bahn statt des Flugzeugs, Fahrradfahren, privates Elektroauto usw.).
  • Überzeugende Erlebnis- bzw. Erfahrungsberichte von BMM-Pionieren können zur Nachahmung anregen.
  • Die Informationsflut nimmt auch in Betrieben zu, E-Mails werden von vielen Beschäftigten nicht mehr richtig wahrgenommen. Einige Betriebe versenden deshalb wichtige Informationen mit der Gehaltsabrechnung. Damit wird dem Beschäftigten signalisiert, dass es sich hier um ein Anliegen handelt, das der Geschäftsleitung besonders wichtig ist.
  • Durch die Teilnahme an Projekten oder Zertifizierungen, kann die Dynamik des Veränderungsprozesses erheblich gesteigert werden. Wenn alle gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten und öffentlichkeitswirksame Auszeichnungen winken, steigert dies die Motivation und Einsatzbereitschaft.

Praxisbeispiele

  • Die UmweltBank reizt ihre Mitarbeiter*innen mit der jährlichen Aktion "Banker on Bike" an, das Fahrrad als Verkehrsmittel Nr. 1 für den Arbeitsweg zu wählen. Für jeden zwischen Wohnort und Arbeitsplatz geradelten Kilometer spendet die UmweltBank einen Euro für ökologische und soziale Projekte. Die Mitarbeiter*innen schlagen selbst Projekte vor und stimmen darüber ab, an welche Organisationen die finanzielle Unterstützung fließt. Im Jahr 2019 radelten die "Banker on Bike" bereits zum 18. Mal und legten rund 37.000 Kilometer zurück, was gemäß ADFC-Rechner im Internet einer CO2-Einsparung von 5.869 Kilogramm entspricht. Drei ausgewählte Projekte erhielten jeweils einen Teil der auf 39.000 Euro aufgerundeten Spendensumme. Für kürzere Dienststrecken oder private Fahrten wurden außerdem Bambus-Dienstfahrräder angeschafft.
  • Das Dienstleistungsunternehmen PRIOR1 beschäftigt in St. Augustin bei Bonn etwa 50 Mitarbeiter*innen. Diese legen jährlich circa eine Million Kilometer auf Dienstreisen innerhalb Deutschlands zurück – überwiegend mit Dienstwagen. Die hierdurch verursachten CO2-Emissionen werden bereits vollständig kompensiert. Um dem Grundsatz "Vermeiden vor Kompensieren" gerecht zu werden, wurden weitere Maßnahmen zur Senkung der Emissionen entwickelt. So beinhaltet das aktuelle Mobilitätskonzept u. a. anderem ein Anreizsystem zum freiwilligen Verzicht auf einen eigenen Dienstwagen. Als Ersatz können Mitarbeitende die Bahncard 100 1. Klasse erhalten. Es wurde ermittelt, dass dadurch deutliche Ersparnisse für das Unternehmen entstehen. Die eingesparten Kosten werden dem oder der jeweiligen Mitarbeiter*in zu 50 Prozent als zusätzlicher Gehaltsbestandteil ausgezahlt. Ferner wurde für Mitarbeiter*innen, die nicht vollständig auf ihren Firmenwagen verzichten wollen bzw. können, ein Anreiz zur Nutzung der Bahn geschaffen, indem Prämien für jährlich mit der Bahn zurückgelegten Kilometern ausgezahlt werden.
  • Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hat für ihr betriebliches Mobilitätsmanagement eine Reihe von Angeboten entwickelt. Um sicherzustellen, dass die Beschäftigten über verschiedene Kanäle entsprechend informiert werden, wurde eine Mobilitätskoordinatorin eingesetzt. Zur Einführung des Job-Tickets fanden für alle Beschäftigten Informationstage inkl. persönlicher Beratung statt. Zusätzlich ist im Intranet ist eine Rubrik "betriebliches Mobilitätsmanagement" eingerichtet, in der alle Informationen zur Beantragung des Job-Tickets zu finden sind. Ein eigens entwickelter Fahrtkostenrechner ermöglicht den Beschäftigten eine vergleichende Berechnung, wie viel die Fahrt zur Arbeit mit dem Pkw bzw. mit dem Job-Ticket kostet.

Mehr Informationnen zu den oben genannten Praxisbeispielen finden sich in der Broschüre "mobil gewinnt".

  • Im Rahmen des Projektes "Mitarbeiter-Motivation zu Nachhaltigkeit (MiMoNa)" wurden zahlreiche betriebliche Beispiele zusammen getragen, mit denen die Mitarbeitermotivation gesteigert werden kann. Allein im Themenbereich "Mobilität" sind dort 50 Beispiele aus der Praxis erläutert [1].

Weitere Hilfestellungen

Links

Zahlreiche Praxisbeispiele zur Mitarbeitermotivation in Nachhaltigkeitsprojekten finden sich auf der Projektseite MiMoNa [2].

Quellen

In der Literatur des Change Management gibt es zahlreiche Handbücher, teilweise mit sehr konkreten Methodenbeschreibungen, z. B.

  • Rohm, A. (Hrsg.) (2015, 6. Auflage): Change-Tools. Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen, managerSeminare Verlag, Bonn
  • Deutinger, G. (2013): Kommunikation im Change. Erfolgreich kommunizieren in Veränderungsprozessen. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden